«Nicht alles ist programmierbar» Smartphone APP
Studenten der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) entwickeln im Rahmen ihres Studiums für die Samuel Werder AG eine App, mit der sämtliche nicht programmierbaren Arbeitsabläufe dokumentiert werden können. (Heinz Haug)
Die Werder Feinwerktechnik arbeitet hochpräzis. Hauptsächlich mit CNC-gesteuerten (Computerized Numerical Control) Maschinen. Ob Drehen oder Fräsen – auf die Computerprogramme ist Verlass. Sie steuern die Maschinen im Mikromillimeter-Bereich. Die Programme bleiben gespeichert und sind jederzeit wieder abrufbar. Nicht jeder Arbeitsablauf aber lässt sich einem Roboter gleich 1:1 wiederholen.
Auch in einem hochmodernen Betrieb kann nicht alles an die Computer delegiert werden. Handarbeit bleibt ein wichtiger Faktor. Vieles ist gespeichert in der Erfahrung gut ausgebildeter Fachkräfte. Was aber, wenn eine Fachkraft ausfällt? In die Ferien fährt oder krank wird? Steht dann der Betrieb still oder macht ein anderer auf seine Art und Weise weiter? «Bei uns nicht», sagt Claude Werder, Inhaber und Geschäftsführer der Samuel Werder AG in Veltheim: «Wir beginnen damit, sämtliche Arbeitsabläufe, die nicht programmierbar sind, auf einer internen Datenbank abzulegen, auf die jeder Mitarbeiter mit seinem Smartphone Zugriff hat.»
Die Idee, eine App zu kreieren, die sämtliche Arbeitsabläufe, die in keinem Computer gespeichert sind, zu dokumentieren, hatte Claude Werder schon lange. «Konkret wurde die Sache, als mich Professor Dr. Samuel Fricker von der Fachhochschule Nordwestschweiz anfragte, ob ich Interesse hätte, mit Studenten ein Projekt zu realisieren.»
Wie funktionierts?
Eigentlich ganz einfach. Jeder Mitarbeiter dokumentiert seine Arbeit. Nehmen wir ein Beispiel: Gewisse Teile «X» eines bestimmten Kunden «Y» müssen in der Trommelschleifmaschine bearbeitet werden. Mitarbeiter Müller nimmt die roten Steine mit dem gewünschten Durchmesser. Das Resultat ist perfekt. Fünf Jahre später. Müller bereits seit zwei Jahren in Pension und Meier, der Neue, zum ersten Mal mit einem Auftrag von «Y» und den Teilen «X» konfrontiert. Was macht Meier? Er nimmt sein Smartphone, sucht auf der App nach Kunde «Y» und den Auftrag mit den Teilen «X» und sieht, was Müller vor Jahren dokumentiert hat: Ein Bild zeigt einen Schleifstein neben einem Massstab. Für Meier nun ein Leichtes, die richtigen Schleifsteine einzusetzen. Auch wenn diese mittlerweile die Farbe gewechselt haben, weil die Samuel Werder AG mit einem neuen Lieferanten zusammenarbeitet.
Unser Beispiel zeigt, ein einziges Bild hilft weiter. Es können aber auch kleine Filme mit O-Ton sein, die einen Prozess anschaulich darstellen oder einzelne Handgriffe unmissverständlich erklären. Selbstverständlich wird zum klaren Verständnis auch vieles schriftlich festgehalten. Nun ist das mit dem Verstehen so eine Sache. Über 70 Mitarbeitende zählt die Samuel Werder AG. Und nicht alle sprechen dieselbe Sprache. Auch daran haben die App-Entwickler gedacht. Jeder Mitarbeiter bekommt die Informationen, die er abruft, in der Sprache, die er am besten versteht.
Claude Werder lobt die Zusammenarbeit mit der Fachhochschule. «Alles ging schnell und unkompliziert. Rasch wurde verstanden, worauf es ankommt und was wichtig ist.» Gleiche Begeisterung bei den Studenten. Fabian Geisseler, Informatikstudent im 5. Semester an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Windisch, erklärt stellvertretend für alle sieben im Projekt mit der Samuel Werder AG involvierten Studenten: «Das projektbezogene Arbeiten ausserhalb der Hochschule ist für uns alle eine sinnvolle Ergänzung. Der Bezug zur Praxis ist ein wichtiger Bestandteil unserer Ausbildung. Der Blick hinter die Kulissen eines modernen Betriebes und das Realisieren eines konkreten Auftrages sind ein Gewinn – für beide Seiten.»