Wir sind auch eine Kulisse
«Hallo Claude! Hier spricht Dan Cermak, der Fotograf.» Mit dem Telefon am Ohr läuft Dan in seinem Atelier geschäftig auf und ab. Er sitzt nicht gerne still beim Telefonieren. Sein Gesprächspartner ist Claude Werder, der Inhaber der Firma Samuel Werder Feinwerktechnik AG in Veltheim. Dan lernte Claude bei einem Fotoshooting für die «Standortförderung Aargau» kennen und war von seiner lockeren, sympathischen Art begeistert. Auch sein Produktionsbetrieb, den er beim Shooting kennengelernt hat, faszinierte ihn.
Genau diese Produktionshallen sind ihm in den Sinn gekommen, als die Redakteurin der Zeitschrift «Annabelle» ihn für ein Mode-Fotoshooting zum Thema Hightech-Kleidung anfragte. Hightech-Mode in einer Hightech-Firma. Das passt perfekt zusammen!
«Ich habe einen Auftrag für ein Mode-Fotoshooting und deine Firma würde sich als Kulisse perfekt eignen. Es wird den ganzen Tag dauern, und wir werden garantiert Unruhe stiften.» Dan macht Claude nichts vor. Ein Shooting ist und bleibt aufwendig. Claudes Mitarbeiter werden abgelenkt, und sie werden nicht in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen können. Trotzdem – ohne zu zögern, sagt Claude zu. Ein Mann der Tat. Das gefällt Dan. Claude entscheidet, auch wenn er nicht alle Fakten bis ins Detail kennt. Dan ist stolz und zufrieden, hat er so schnell die passende Lokalität für sein Shooting gefunden.
Vor dem Shooting macht sich Dan auf den Weg nach Veltheim. Er schaut sich mit Claude zusammen in den Produktionshallen um. Wo er hinsieht, entdeckt er effektvolle Orte für das Shooting. Er hält sie mit der Kamera als Erinnerung fest. Zufrieden fährt Dan in sein Atelier nach Zürich zurück. Er freut sich auf das Fotoshooting.
Es vergehen zwei Wochen. Endlich ist es soweit: Dan nimmt in den frühen Morgenstunden die Produktionsstätte der Samuel Werder Feinwerktechnik AG in Veltheim in Beschlag. Mit dabei sind zwei Models aus Holland, zwei Assistenten, zwei Make-up Artists und zwei Stylistinnen. So ein Brimborium haben die Angestellten der Firma noch nie gesehen.
Dan hat hingegen noch nie einen so warmen Empfang erlebt. Mit einem Transparent heissen die Mitarbeitenden Dan und die ganze Crew willkommen. Unglaublich. Und rührend. Das lässt Dans Nervosität ein wenig sinken, die ihn jedes Mal vor einem Shooting befällt. Er vergleicht sie mit Lampenfieber oder einer bevorstehenden Prüfung – was es im Grunde auch ist. Klappt es oder klappt es nicht?
Die Models werden eingekleidet, geschminkt und gestylt. Währenddessen geht Dan mit seinen Assistenten in die Produktionshalle und schaut sich um. Die vorher ausgesuchten Orte stimmen für ihn nicht mehr. Er sieht andere, noch geeignetere Schauplätze. Nun macht er sich an die Arbeit und packt sein Fotoequipment aus.
Als Claude bei ihm vorbeischaut, verflüchtigt sich Dans Nervosität vollends. Dieser Mann strahlt eine ansteckende Ruhe aus. Die Models sind frisch und munter, es kann losgehen. Es ist kein Honigschlecken. Das merkt die Crew schnell. Die Maschinen produzieren einen Lärmpegel, der alles überdeckt und in der Luft hängt ein öliger Geruch.
Nach drei Stunden posieren, umziehen, neu stylen und nachschminken sind alle müde und brauchen dringend eine Pause. Da kommt die kleinen Stärkung, die Claude und seine Mitarbeitenden organisiert haben, gerade recht. 12 Stunden und 3000 geknipste Fotos später ist der Spuk vorbei. Alle atmen draussen an der frischen Luft auf. Es war mehr als nur anstrengend. Das Shooting zehrte an den Nerven von allen Beteiligten.
Der Aufwand hat sich gelohnt. Die Bilder sind grossartig geworden und schaffen es sogar auf die Titelseite der «Annabelle». Ein grosses Kompliment für Dan und das Tüpfelchen auf dem i.
Ein Bild ist dann perfekt, wenn es nicht perfekt ist. Das Unperfekte muss aber gewollt sein. – Dan Cermak
Text: Businessmind GmbH